An diesem Donnerstag startet das „Space Cinema“ in Raisting
Wenn das Wetter mitspielt, ist dieses Kinoerlebnis kaum zu toppen. Jeder Film wird auf der 40 Meter hohen und 50 Meter breiten Schutzhülle des Raistinger Radoms zu einer bleibenden Erinnerung: „Mars Attacks“ etwa bei der Premiere 2002, als sich auf der „Leinwand“ die UFOs zum Angriff auf die Erde sammelten, während darüber die Sternschnuppen huschten und drumherum 18 mächtige Antennenschüsseln der Erdfunkstelle ihre Ohren ins All reckten. Oder 2013, als mit „Ziemlich beste Freunde“, „Men in Black III“ und drei weiteren Streifen ein neuer Besucherrekord aufgestellt wurde – nicht zuletzt auch, weil eine durchgehende grüne Welle auf der „Wetterampel“ verkündet werden konnte. Mit ihr zeigen die veranstaltenden Pfadfinder auch heuer vom 9. bis zum 11. Juli aktuell im Internet unter www.facebook.com/SpaceCinema an, wie die Prognosen für die abendlichen Vorführungen stehen: Rot bedeutet, die Veranstaltung fällt aus, bei Gelb könnte es regnen, und Grün steht für „Alles super“.
Die Ampel haben die Georgs-Pfadfinder aus Landsberg nach der in jeder Hinsicht schmerzhaftesten Wettererfahrung in Raisting installiert. Ausgerechnet zur offiziellen Einweihung der neuen Radomhülle am 6. Juli 2012 ging ein lokaler Gewittersturm mit Hagel auf Feiernde und Kinofreunde nieder. Vier Personen wurden verletzt, die gesamte Technik der Pfadfinder lag zerstört am Boden, noch bevor der erste Film im Projektor eingelegt war. Das gesamte Kinoprogramm für drei Tage musste gestrichen werden.
Es blieb die einzige echte Katastrophe in der „Space Cinema“-Geschichte, doch Kälte und Nässe gehörten immer wieder zu den Begleitererscheinungen dieses weltweit einzigartigen Filmfestivals. Erfahrene Space-Cineasten bringen deshalb nicht nur ihre Sitzgelegenheiten wie Klappstühle oder Isomatten mit, sondern auch warme Decken, Jacken oder Pullover. Das 1963 errichtete Radom bietet die größte aufblasbare Leinwand des Planeten, mit einem lichtstarken Beamer wird ein 30 mal 16 Meter großes Bild darauf projiziert, dessen Qualität trotz der konvexen Oberfläche herausragend ist. Auch die Tontechnik kann sich mit kommerziellem Equipment messen: Eine für die Anforderungen in Raisting speziell zusammengestellte Dolby-Digital-Anlage beschallt die Zuschauer mit 10 000 Watt.
Um so bemerkenswerter ist, dass für die Vorführungen nach wie vor kein Eintrittsgeld gefordert wird. Deshalb dürfen auch aus wettbewerbsrechtlichen Gründen vorab keine Filmtitel genannt werden – doch wer eine E-Mail an filme@spacecinema.de sendet, erhält das Programm sofort zugeschickt. Am Donnerstag ist heuer eine romantische Komödie mit viel Musik zu sehen, am Freitag zunächst ein recht aktueller 3D-Animationsstreifen und dann ein legendärer Klassiker der bekanntesten britischen Komikergruppe. Zum Abschluss am Samstag werden ein Hacker-Thriller und der obligate, ziemlich neue Science Fiction gezeigt. Wie gesagt: wenn das Wetter mitspielt. Jeweils um 19.30 Uhr öffnen Biergarten und „Spacebar“, von 20 Uhr an liefert das Grillteam Fleisch-, Wurst- und Grillkäse-Semmeln aus. Auch Popcorn und Süßigkeiten sind erhältlich. Mit dem Verkauf von Essen und Getränken finanzieren die Pfadfinder die Aktion. Wer früh kommt, kann sich einen „Logenplatz“ sichern. Der Hauptfilm beginnt bei Einbruch der Dunkelheit, also gegen 21.30 Uhr, der zweite gegen 23.30 Uhr.
Trotz des futuristischen Ambientes kann Space Cinema schon auf eine beachtliche Tradition unter wechselnden Eigentümern zurückblicken. Als die ersten Veranstaltungen stattfanden, gehörte die Erdfunkstelle noch der Telekom, 2006 verkaufte der Konzern an die amerikanische Telekommunikationsfirma EMC. 2007 erwarb der Landkreis Weilheim-Schongau das Radom – älteste und einzige Antenne mit Schutzhülle – zum Preis von einem Euro. Von 2010 bis 2012 ließ die kreiseigen Radom Raisting GmbH das Bauwerk umfassend sanieren. Vor allem die baufällige, hauchdünne und dennoch tonnenschwere Traglufthülle musste in einer spektakulären Aktion ausgetauscht werden. Seit 1999 ist das Radom als Baudenkmal registriert, zehn Jahre später wurde ihm nationale Bedeutung zugemessen.